Der Held aus einer anderen Welt

Japanische Kinderheime und Beratungszentren erhalten im ganzen Land eine unerwartete Bescherung. Alles begann am 25. Dezember, als in einem Sozialhilfezentrum für Kinder in der Präfektur Gunma 10 Schachteln voller Schultaschen und andere Utensilien vor der Tür standen. Eine kurze Notiz trug die Unterschrift «Naoto Date».

Anfang Januar ging die Geschenkflut weiter. Am 9. Januar erhielt eine Beratungsstelle in der Präfektur Kanagawa 2 Taschen mit 22 Spielzeugen, wie die Mainichi Shimbun berichtete. «Es tut mir leid, dass es keine Schultaschen sind. Ich hoffe jedoch, dass man die Spielzeuge in Kinderheimen brauchen kann. Naoto Date», stand im beigelegten Brief.

Auch in der Präfektur Gifu bekam ein Kinderheim unerwartete Post: «Den neuen Primarschülern, herzliche Gratulation. Naoto Date». In einem Sozialhilfezentrum für Kinder und Behinderte in Nagasaki wurden ebenfalls Schachteln mit Geschenken hinterlegt. «Von Naoto Date aus Nagasaki, ein Atombomben-Überlebender», stand in der kurzen Notiz. Selbst in Okinawa sind Zuwendungen bereits abgegeben worden.

Ein Held aus vergangenen Tagen

Naoto Date ist der Name der Hauptfigur aus der Wrestler-Manga-Serie Tiger Mask. Aufgewachsen in einem Waisenhaus kämpft der professionelle Ringer Tiger Mask, der mit bürgerlichem Namen Naoto Date heisst, für das Gute.  Niemals seine Herkunft vergessend, spendet er stets den Kinderheimen Geld.

Die ersten glücklichen Empfänger von Naoto Dates Post,  am 25. Dezember, brauchten ein paar Tage, bis sie realisierten, dass ihr unerwarteter Spender eine Manga-Figur aus längst vergangenen Tagen war. Denn «Tiger Mask» feierte seine Erfolge bereits Ende der 1960er-Jahre, zuerst als Comic,  später als TV-Serie.

Naoto Date

Wer steckt dahinter?

Wer tatsächlich hinter den Geschenken steht, weiss niemand. «Es muss wohl eine Person in ihren 50ern gewesen sein, die sich mit Tiger Mask identifizieren konnte», mutmasst Keiichi Matsuba vom Sozialhilfezentrum in der Präfektur Gunma gegenüber der Nachrichtenagentur Kyodo: «Wir haben aber nicht vor die Person zu suchen, nur schon aus Respekt vor ihren Gefühlen.»

«Wir sind glücklich, dass Tiger Mask bis nach Nagasaki gekommen ist», zitierte die Mainichi Shimbundas Sozialhilfezentrum in der historischen Stadt. In den japanischen Medien wird spekuliert, dass die Aktion vom 25. Dezember zahlreiche Nachahmer gefunden hat. Es sei damit zu rechnen, dass es ganz viele Tiger Masks in Japan gebe. Im Fall Nagasaki sahen Angestellte wie eine ältere Dame die Boxen hinstellte. Als man nach ihr rief, machte sie sich, ohne etwas zu sagen, aus dem Staub. Denn wahre Helden geben nie ihre Identität nie preis.

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Mit freundlicher Genehmigung von www.asienspiegel.ch <Original-Artikel >